1

FDP-Gemeinderatsfraktion Ulm: Neujahresempfang 2023 mit Andreas Glück MdEP

Die FDP-Gemeinderatsfraktion Ulm veranstaltete am 6. Januar ihren Neujahresempfang. Zu Gast waren u.a. der erste Bürgermeister Martin Bendel, der Landtagsabgeordnete Michael Joukov und das ehemaliges FDP-Gemeinderatsmitglied und der Träger der Reinhold-Maier-Nadel Bruno Waidmann, sowie der Gastredner Andreas Glück – Mitglied des Europaparlaments.

Erik Wischmann, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Ulmer Gemeinderat, eröffnete die Veranstaltung. In Zeiten, in denen Selbstverständlichkeiten wie Frieden in Europa verlorengegangen sind, ist auch Politik nur begrenzt planbar, so Wischmann. Gerade deshalb brauche es Politiker mit Charakter und den richtigen Grundüberzeugungen. Wischmann betonte, dass man auch in Krisen Freiheiten nicht leichtsinnig aufgeben solle. „Freiheiten zu nehmen, geht schnell, sie wiederzuerlangen ist dafür umso schwerer“, so Wischmann. Im Anschluss übergab Wischmann an den FDP-Abgeordneten im Europaparlament Andreas Glück.

Aus der Gas-Abhängigkeit in die Technologie-Abhängigkeit

Andreas Glück begann seine Ansprache mit einem Appell für politisches Engagement. „Dauernd zu motzen, ohne zu versuchen etwas zu verbessern geht nicht.“ Deshalb sei er auch ursprünglich in die Politik und als brennender Europäer auch nach Brüssel gegangen. Glück beschrieb das europäische Parlament als ein junges, modernes Parlament. „Der alte Spruch >>hast du einen Opa, schick ihn nach Europa<< ist nicht mehr zeitgemäß, er spiegelt die Realität in Brüssel nicht wider“, so Glück.

Glück betonte, dass das europäische Ziel der Klimaneutralität ökonomisch und ökologisch erstrebenswert sei. Doch der Weg zur Klimaneutralität sei umstritten: „Während andere den Weg über das Ordnungsrecht gehen wollen – manche Technologien fördern und andere verbieten – wollen wir als Liberale den Weg der Technologieoffenheit beschreiten. Die Politik muss die Rahmenbedingungen setzen und in den Sektoren feste CO2-Grenzen implementieren.“ So Glück. Hierbei lobte er die europäische Praxis des CO2-Zertifikatehandels als ein effektives Instrument.

Gleichzeitig betonte Glück, dass Deutschland sich offener für neue Technologien aufstellen müsse. Neue Züchtungsmethoden seien sicher und werden global bereits angewandt, nur Deutschland bremse vor Ort die Forschung und Anwendung aus. Ebenso sehe es bei der Kernenergie und dem Fracking aus – auf der einen Seite werden diese Technologien in Deutschland nicht oder eingeschränkt angewandt, gleichzeitig werden Energie und Gas aus Nachbarstaaten importiert. „Deutschland muss von seinem hohen Ross der Doppelmoral herunterkommen und sich offen und optimistisch für neue Technologien aufstellen“, so Glück. „Aus der Gas-Abhängigkeit gegenüber Russland rennt Deutschland durch die Einschränkungen in eine Technologie-Abhängigkeit gegenüber China“.

Wir brauchen mehr Technologieoffenheit

Im Anschluss kam es zu einer Fragerunde mit den Gästen. Erik Wischmann beendete die Veranstaltungen mit einem Appell für mehr Technologieoffenheit: „In den 1950ern glaubte man noch, dass sich Indien niemals selbst ernähren könne. Aber ein Wissenschaftler aus den USA entwickelte eine neue Weizenart, welche auch im Klima Indiens wachsen konnte. Norman Borlaug bekam für seine Forschung am Gen des Weizens den Friedensnobelpreis. Als Deutschland sollten wir uns fragen, ob ein solcher Durchbruch heute auch bei uns möglich wäre, ob ein Forscher wie Borlaug auch in Deutschland erfolgreich werden könnte!“

Andreas Glück MdEP bei seinem Grußwort für den Neujahresempfang der FDP-Fraktion Ulm




Rede zur Haushaltsdebatte von Ralf Milde

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Frau Mann, sehr geehrter Herr Bendel, sehr geehrter Herr von Winning, sehr geehrt Spitzenkräfte der Verwaltung und der städtischen Gesellschaften, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger, soweit welche anwesend sind und wertgeschätzte Presse.

Ich wusste doch, dass auf den Kollegen Eichhorn Verlass ist. Seinen uneitlen und pragmatischen Ausführungen zum Haushalt kann ich im Großen und Ganzen nur beipflichten und damit erspart er mir die Wiederholung des Ganzen, und ich muss Ihnen nicht die Zeit stehlen, und wir kommen schneller an das Weihnachtsbuffet!

Mit einem kleinen Redebeitrag will ich dann doch – in gewohnter Kürze – anlässlich diesem „Haushaltsredenhaltenritual“ beitragen, auch auf die Gefahr hin, nachher beim Essen wie schon 2018 allein am Tisch zu sitzen.

Ich weiß nicht, was stressiger ist, das Erfinden und Formulieren von Verwaltungsvorlagen die hier in diesem Haushalt 2023 gebündelt vorliegen oder das Erfinden und Formulieren von Haushaltsabschlussreden zur Verabschiedung des selbigen?! Mich stresst dieses Verfassen einer Haushaltsrede schon Wochen vorher und verfolgt mich bis in meine Träume. Ja, bis in meine Träume!

Ganz im Ernst!

Es gibt einen wenig respektvollen Umgang mit der Arbeit der städtischen Verwaltung

Da träume ich doch vor ein paar Nächten, dass wir hier alle zur Verabschiedung des Haushalts 2023 versammelt am Ratstisch sitzen. Und als der Oberbürgermeister dann am Ende der zahlreichen und nicht enden wollenden Redebeiträgen der Fraktionsvorsitzenden den Haushalt zur Abstimmung stellt, ist plötzlich niemand von uns dafür, aber alle dagegen!

Und warum! Einfach so! Als Demonstration unserer Macht und Bedeutung als Ratsmitglieder!

Schuld an dieser unsinnigen Träumerei ist der Kollege Ansbacher, der sich in der zweitägigen Haushaltsdebatte gegen die Protest und Ablehnung seines Versuchs noch eine Haushaltsextrawurst zu braten – da war er übrigens nicht der einzige – der sich also mit dem Satz empörte, dass sei schließlich „Königsrecht“ des Gemeinderats! O-Ton.

Mit diesem Bundeskanzler kann man als Sozialdemokrat auch schon mal von der Monarchie träumen. 40 Königinnen und Könige an diesem runden Ratstisch! Das stelle man sich mal bildlich vor.

Aber mal im Ernst!

Gemeinderätliche Macht und Bedeutung leben wir doch das ganze Jahr schon aus! Mit jeder Diskussion und Abstimmung der von der Verwaltung erarbeiteten Verwaltungsvorlagen in den Fachbereichen und in den Vollversammlungen.

Das ist schon ein sehr privilegiertes Unterfangen.

Während die Bürgerinnen und Bürger die Steuern erarbeiten, während die Unternehmen der Stadt die Gewerbesteuern erwirtschaften, während die Verwaltung Vorschläge erarbeitet, wie all diese Millionen in Reparaturen und andere sinnvolle Projekte gesteckt werden, sind wir es, die Stadträte und -rätinnen, die durch das Heben der Hand, die Umsetzung all dieser Vorhaben, die in diesem Haushalt gebündelt sind, legitimieren und zur Realisierung
freigeben.

Das ist doch ganz schön viel Macht und Bedeutung.

Warum dann nur um Gottes Willen kurz vor Haushaltsplanungsschluss noch mal eben ein paar Millionen Euro in den Ring werfen, um den Ausbau der Photovoltaik auf städtischen Dächern zu beschleunigen. Auch so ein Schaulaufen mit großer theatralischer Geste zum Beweis von Macht und Bedeutung kurz vor Haushalts-Ladenschluss.

Ich muss zugeben, dass mich das schon ziemlich aufregt. Weil es einen wenig respektvollen Umgang mit der hochkomplexen und aufwandsintensiven Arbeit der städtischen Verwaltung offenbart. Von uns hier am Tisch mal ganz zu schweigen.

Alles zur Demonstration von Macht und Bedeutung!

Keine Garantie, dass all die Aufgaben überhaupt umgesetzt werden können

Ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen – natürlich nur die die sich angesprochen fühlen – dass wir das gar nicht nötig haben.

Wir üben ja das Königs- und Königinnenrecht in jeder Sitzung das ganze Jahr aus. Ganz ohne Krone!

Wir haben 12 Monate hinter uns, und ich kann für mich und meine Fraktion sagen, dass die Arbeit in den Fachbereichen mit den Bürgermeistern und der Bürgermeisterin und den Mitgliedern der Verwaltung nicht nur konstruktiv, sondern auch zu jedem Zeitpunkt von großer Wertschätzung getragen war.

Die wird vom Ratstisch nicht immer erwidert. Da werden den Verantwortlichen von Verwaltungsvorlagen schon mal besserwisserisch kompletter Murks bescheinigt.

Wir leben in sehr unsicheren Zeiten. Wir können heute keine Garantie darauf geben, ob all diese im Haushalt festgelegten Aufgaben überhaupt so wie gewünscht und beschlossen umgesetzt werden können. Und das Umsetzen ist nicht die Aufgabe des Gemeinderats – Gott sei Dank. Umsetzen müssen es die Verwaltung und die Hundertschaften der städtischen Mitarbeiter.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber wir werden bei der Umsetzung des Haushalts 2023 druckvolle und belastende Zeiten erleben, sei es:

  • bei der Umsetzung der Brückensanierungen
  • beim dringenden nicht nur bezahlbaren Wohnungsbau
  • bei der Mobilitätswende
  • beim weiteren Ausbau der Kinderbetreuung
  • bei der sozialen Abfederung der gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten
  • bei weiter stark steigende Personalausgaben durch hohe Tarifabschlüsse, auch bei den Zuschussempfängern
  • bei der Vorbereitung des ab 2026 geltende Rechtsanspruch für Ganztagesbetreuung an den Grundschulen
  • Schaffung von Wohnraum für die wachsende Bevölkerung, auch aufgrund von Migration und Flucht
  • bei den dramatischen Transformationen nicht nur im Theater, sondern auch in den anderen Kultureinrichtungen

Und gleichzeitig sind wir aufgefordert in den nächsten 12 Monaten das strategische und inhaltliche Gerüst für den Haushalt 2024 zu bauen. Da sind die Themenübergänge fließend.

In unberechenbaren Zeiten warten große Herausforderungen

Meiner Fraktion waren bisher und sind auch weiterhin die folgenden Themen besonders wichtig:

  1. Klares Setzen von Prioritäten und „Abschneiden alter Zöpfe“, d.h. in der Konsequenz weniger wichtige „Luxus-Ausgaben“ einzustellen.
  2. Fit machen der Stadt für die immer stärker werdenden Auswirkungen des demographischen Wandels.
  3. Zurückschrauben des Anspruchsdenkens. Nicht alles kann und muss von der Stadt geleistet werden.
  4. Effizienzkur für die Verwaltung durch Entlastung von unnötigen und zeitfressenden Aufgaben (wie z.B. übertrieben detaillierte Berichterstattung an den Gemeinderat)
  5. Sicherstellen, dass die notwendigen Rahmenbedingungen für eine weitere wirtschaftliche Prosperität in Ulm und Umgebung gegeben sind, denn alles Geld, was verteilt werden soll, muss erst einmal erwirtschaftet werden.

Ja ich weiß wir haben trotz Pandemie und Krieg und Krisen stetig wachsende Steuereinnahmen. Gott sei Dank! Aber die durch Pandemie und Krieg und Krisen stetig wachsenden Herausforderungen und Kostensteigerung zehren ja alles schon wieder auf und zwingen uns dennoch in die Schulden!

Das kommende Jahr wird wie das vergangene geprägt sein von der Gleichzeitigkeit des „Jetzt-Tuns“ – also den Haushalt 2023 in den kommenden 12 Monaten umzusetzen und zugleich vom das Morgen-Denken, um im nächsten Dezember einen dem Wohle und dem Wachstum der Stadt gerecht werdenden Haushalt 2024 zu verabschieden.

Das wird für uns alle in diesen unberechenbaren Zeiten eine große Herausforderung sein.

Für die Verwaltung und die Städtischen Gesellschaften und alle städtischen Mitarbeiter als die Entwerfer, Konzipierer und Umsetzer all dessen.

Und für uns hier am Ratstisch – die wir mit dem „Königsrecht“ ausgestattet sind als die Entscheider und Legitimierer.

Täusche ich mich oder empfinden das einige andere an diesem Tisch und hier im Saale auch so: Früher war weniger Blockbildung und parteiideologisches Denken und somit Abstimmen an diesem Tisch.

Früher war mehr Konsensbereitschaft bei den Debatten und Entscheidungen.

Das ideologiebesetzte Königsrecht führt zu Pattsituationen

Ich will das Königs- bzw. Königinnenrecht des Einzelnen hier nicht in Frage stellen. Aber wir werden nicht vorankommen und viel Zeit verlieren, wenn wir uns häufiger Abstimmungen leisten wie gestern im Bauausschuss zu Eschwiesen III.

Das beharrliche Bestehen auf das ideologiebesetzte Königsrecht führt schnell zur Pattsituation am Ratstisch und damit zur Lähmung dringend notwendiger Entwicklungen.

Dann müssen wir wie schon beim Herrmannsgarten zeitverlustige Extrarunden drehen, die die Verwaltungskräfte binden, anstatt sie für anderes freizusetzen.

Bleibt mir zum Schluss noch dies:

  1. Die FDP-Fraktion stimmt dem HH 2023 uneingeschränkt zu.
  2. Die FDP-Fraktion dankt den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen und dem Handwerk und dem Handel, die ihren erneut gewachsenen steuerlichen Beitrag dazu geleistet haben. Und wir ermutigen sie damit auch im nächsten Jahr fortzufahren.
  3. Die FDP-Fraktion dankt den Mitarbeitern der Verwaltung und der Städtischen Betriebe für ihre aufopferungsvolle Arbeit im vergangenen Jahr und hoffentlich auch im nächsten!
  4. Die FDP-Fraktion dankt der Bürgermeisterin, den Bürgermeistern und dem Oberbürgermeister für die Geduld mit der Sie uns und unsere gemeinderätlichen
    Unberechenbarkeiten ertragen haben.
  5. Und wir danken den Kolleginnen und Kollegen hier am Ratstisch für die zwar nicht immer auf Konsens ausgelegte aber immer respektvolle Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten.
  6. Und wir danken der Presse, dass Sie immer so liebenswürdig über uns geschrieben hat!
  7. Und last but not least wünschen wir uns allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein Neues Jahr in das hoffentlich der Weltfrieden Einzug hält.



FDP wieder als Fraktion im Gemeindrat

Die Ulmer Stadträte Wolfgang Stittrich, Ralf Milde und Erik Wischmann bilden ab sofort eine neue FDP-Fraktion im Ulmer Gemeinderat.

Stittrich, der bisher Mitglied der GRÜNE-Fraktion war, schließt sich den beiden FDP-Stadträten Ralf Milde und Erik Wischmann an. Wolfgang Stittrich: „Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich meine Überzeugungen und Vorstellungen besser innerhalb der neuen FDP-Fraktion in den Gemeinderat einbringen kann und freue mich auf die Zusammenarbeit mit Herrn Milde und Herrn Wischmann.“

Dazu erklärt der neue Fraktionsvorsitzende Erik Wischmann: „Ralf Milde und ich schätzen Wolfgang Stittrich und seine kompetente und engagierten Arbeit als Stadtrat und Ortschaftsrat in Einsingen. Wir freuen uns, dass wir die Gelegenheit haben, mit ihm erneut eine eigene FDP-Fraktion im Ulmer Gemeinderat zu bilden Der guten Tradition im Gemeinderat folgend, wollen wir auch als Fraktion die wertschätzende und sachorientierte gemeinsame Arbeit mit den anderen Stadträten fortsetzen.“

Der Oberbürgermeister wurde schriftlich über den Wechsel und die neue Fraktionsbildung informiert.




FDP gegen Umbenennung der Heilmeyersteige

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

wir von der FDP werden der Beschlussvorlage heute nicht zustimmen. Nach wie vor halten wir es für falsch, die Heilmeyersteige umzubenennen.

Ich möchte dazu drei Gründe nennen.

Als erstes steht die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Ich habe, als dieses Thema zum ersten Mal in diesem Gremium behandelt wurde, auf ein zusätzliches Kriterium bei der Bewertung potentiell belasteter Namen gedrängt, nämlich die Auswirkungen einer Umbenennung mit in die Abwägung einfließen zu lassen. Dies wurde vehement abgelehnt. Heute kann ich auch besser verstehen warum, denn dann wäre ein Anhaltspunkt für Klagen gegen den heutigen Beschluss gegeben, wenn dieses Kriterium nicht angemessen berücksichtigt worden wäre.

Aber nach wie vor sind wir als Gemeinderäte angehalten, die Verhältnismäßigkeit unserer Beschlüsse zu beachten. Und hier hat die Beschlussvorlage doch einige Mängel, da die Kosten und Aufwände für die Betroffenen aber auch für die Stadt nur unzureichend beschrieben sind. Die Kosten für die Stadt werden gar nicht erst genannt und für die Bewohner wird von nur geringen Kosten und einem sehr überschaubaren Aufwand gesprochen.

Was die Anwohner anbelangt, sind die Darstellungen der Auswirkungen irreführend. Es wird von Briefpapier und Visitenkarten gesprochen, als ob wir im letzten Jahrhundert leben würden. Die meisten Anwohner dürften weder das eine noch das andere überhaupt besitzen. Nein, die Aufwände sind ganz andere. Jeder hat seine Adresse bei unzähligen Firmen und Institutionen hinterlegt. Da überhaupt zu ermitteln, wen man alles informieren muss, ist schon ein großer Aufwand. Der nächste Schritt ist dann, die neue Adresse überall anzugeben. Da kann es dann schon passieren, das ein automatisiertes System die neue Adresse gar nicht akzeptiert, weil es laut seiner Datenbank im Ulm keine „Eselsbergsteige“ gibt. Bestenfalls wird dann als Straße „Am Eselsberg“ eingetragen. Auch in einem Call-Center glaubten die Bearbeiter eher ihren Datenbanken als dem, was der Kunde sagt.

Wenn dann eine Firma die neue Adresse akzeptiert hat, und dann einen Brief oder eine Sendung mit der richtigen Anschrift verschickt, ist die Zustellung keinesfalls gesichert. Denn es gibt ja nicht mehr nur einfach die gute alte „Bundespost“ sondern eine große Zahl von Post, Paket- und Kurierdiensten. Auch bei denen wird eine Straßenumbenennung nicht so schnell ins System eingetragen. Und wenn dann der Paketbote im Navi die Straße „Eselsbergsteige“ eintragen will oder auf Google Maps sucht, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit in den ersten Monaten Probleme haben. Der Satz auf Seite 3 der Vorlage „Benachteiligungen oder Belastungen einzelner, die im Rahmen der Abwägung gegen eine Umbenennung sprechen, sind somit nicht erkennbar.“ entspricht für uns nicht der Wahrheit. Sie sind erkennbar, man muss sie nur erkennen – oder besser erkennen wollen.

All das ist natürlich beherrschbar und wird sich nach einem Jahr eingependelt haben. Aber ist der ganze Ärger und Aufwand für die Anwohner gerechtfertigt. Oder noch besser: Ist er notwendig?

Das führt mich zum zweiten Grund unserer Ablehnung:

Was die Aufwände und Kosten für die Stadt anbelangt, erfahren wir ja so gut wie gar nichts aus der Vorlage. Bei allen Vorlagen drängt die Finanzverwaltung sonst darauf, die Auswirkungen auf den städtischen Haushalt genau darzustellen, aber in dieser Vorlage: komplette Fehlanzeige!

Die ganze Zeit wird zudem darüber gejammert, dass die Stadtverwaltung mit den ganzen Infrastrukturmaßnahmen gar nicht hinterherkommt, und jetzt sollen Grundbücher geändert, Karten geändert, Post, Telekom, Paketdienste, etc. informiert werden und die Straßenschilder ausgetauscht werden. Wir fragen uns erneut: ist das notwendig, oder binden wir hier ohne Not personelle und finanzielle Ressourcen, die wir für wichtigere Aufgaben einsetzen sollten. Haben wir nicht andere Prioritäten zu setzen?

Und somit komme ich zum dritten Punkt, der Frage nach der Notwendigkeit einer Umbenennung. Selbst wenn man die Erwägungen zu der Verhältnismäßigkeit und der Prioritätensetzung außer Acht lässt, so stellt sich doch die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Umbenennung.

Natürlich würde man heute im Lichte der gewonnenen Erkenntnisse keine Straße mehr nach Prof. Heilmeyer benennen. War die Benennung damals also ein Fehler? Nein, sie erfolgte nach bestem Wissen und Gewissen der damaligen Entscheidungsträger, denen Heilmeyer als großer Mediziner bekannt war, der sich um die Stadt Ulm verdient gemacht hatte.

Zu jeder Zeit wurden Straßen nach Personen benannt, die zum jeweiligen Zeitpunkt großes Ansehen genossen. Das war übrigens auch in der NS-Zeit so, als Straßen nach Nazi-Größen benannt wurden. Auch in der DDR war man schnell dabei, Straßen und Plätze nach Ernst Thälmann, Lenin oder Stalin zu benennen. Überhaupt war man gerade in der DDR ganz schnell mit der Aufarbeitung von Schuld und Verantwortung und erklärte sich einfach zu einem antifaschistischen Staat. 50 Jahre lang wurden die Menschen mit antifaschistischen Parolen überhäuft. So glaubte man, den Faschismus aus den Köpfen zu kriegen. Schaut man sich heute die Wahlergebnisse im Osten an, so darf man bezweifeln, ob das den gewünschten Effekt hatte.

Wir setzen uns doch nicht mit der NS-Vergangenheit auseinander, in dem wir die Namen von Menschen aus dem Straßenbild tilgen, die in irgendeiner Weise „belastet“ sind. Nach dem Motto „Schild ausgetauscht und gut ist!“, oder wie?

Natürlich müssten wir eine Straße, die nach jemandem benannt ist, den viele Menschen mit dem Nazi-Regime in Verbindung bringen, umbenennen. Aber wenn wir bereits das Fehlverhalten von Ludwig Heilmeyer als Grund für die Tilgung aus dem Straßenbild ansehen, wo setzen wir dann ein Ende? Benennen wir dann in ein paar Jahren die Wagner-Straße, die Martin-Luther-Kirche und den Bismarckring um? Und sind nicht die ganzen Kriegs-Straßen in der Weststadt (Sedan-Straße, Moltke-Straße) als nächste dran? Der Hindenburgring steht ja schon auf der Abschussliste. Wo machen wir Schluss?

Und was würden wir eigentlich machen, wenn ein akribischer Forscher einmal herausfinden sollte, das Albrecht Ludwig Berblinger sich zu Lebzeiten etwas hat zuschulden kommen lassen, sich gar – wie zum Beispiel Martin Luther – antisemitisch geäußert hat. Wir der neue Berblinger-Turm dann wieder abgerissen? George Washington hat Sklaven gehalten, dennoch kam niemand in den USA nach dem Bürgerkrieg auf die Idee, die Hauptstadt umzubenennen.

Ich ziehe das Fazit: Die Umbenennung ist nicht notwendig, ist nicht verhältnismäßig und widerspricht unseren kommunalen Prioritäten.

Daher wäre die Umbenennung aus unserer Sicht eine falsche Entscheidung. Wir können sie daher nicht mittragen.




Sicherheit und Ordnung

Vergangenen Mittwoch hat das Polizeipräsidium Ulm im Gemeinderat über die Sicherheitslage der Stadt berichtet. Dabei wurde festgestellt, dass entsprechende Statistiken eindeutig positiv sind. Ulm ist im nationalen, und erst Recht im internationalen Vergleich, eine sehr sichere Stadt.

Trotzdem erkennt man, dass viele Menschen die Lage anders wahrnehmen und sich unsicherer fühlen als früher. Dieser große Unterschied zwischen der objektiven Sicherheit und dem subjektiven Empfinden liegt daran, dass die Welt sich verändert und auch Ulm immer bunter und internationaler wird, was die FDP-Fraktion ausdrücklich begrüßt. Gerade diese Vielfalt verängstigt aber auch viele Menschen und es wird dauern, bis diese „Unordnung“ zur neuen Normalität wird. Für die Stadt Ulm gilt es nun, in der Gesellschaft Respekt vor den unterschiedlichen Ansichten und Lebensweisen zu verbreiten.

Andere Maßnahmen wie ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen oder mehr Videoüberwachung sind dagegen, wie auch Polizei und Stadtverwaltung immer wieder betonen, nicht erforderlich und wären auch gesetzlich gar nicht zulässig. Eine nicht notwendige Überwachung würde die Menschen in ihrer Freiheit unnötig einschränken und eher noch zur Verunsicherung beitragen. Daher leht die FDP-Fraktion derartige Ansinnen, die immer wieder aufgebracht werden, strikt ab.

 




Förderung im Bereich Tanz

Um die freie Tanzszene und die freien Compagnien in Ulm bestmöglich zu unterstützen, hat der Kulturausschuss beschlossen, die bisher befristete jährliche Förderung in Höhe von 120.000 dauerhaft zu verlängern. Im Förderzeitraum 2016-2018 ist das Geld folgendermaßen verteilt: Die Strado Compagnia Danza bekommt 50.000 , während das Tanzfestival Ulm Moves 30.000 Zuschuss erhält. Das restliche Drittel wird dabei jährlich neu vergeben. Die FDP-Fraktion begrüßt die Entscheidung, die hervorragende Ulmer Tanzszene finanziell zu unterstützen. Wir sind zudem froh darüber, dass ein Teil des Geldes jedes Jahr neu vergeben wird, was innovativen Projekten und der Vielfalt allgemein zugutekommt.




Neues zum Berblinger Jubiläumsjahr

Der Kulturausschuss hat sich jetzt endlich darauf geeinigt, wie man Albrecht Berblinger in seinem Jubiläumsjahr 2020 ehrt. Dazu soll es neben einem großen, einwöchigen Festival an der Donau, für das unter anderem ein Musical und ein Open-Air Kino beabsichtigt sind, auch einen Ideenwettbewerb und diverse Ausstellungen geben. Ebenso geplant ist eine, an die Kulturnacht angelehnte, Nacht der Innovationen und ein Donauflug, der mit überschaubarem Aufwand durchgeführt werden soll. Gerechnet wird mit Kosten in Höhe von 1.075.000 €. Zudem wird von der Verwaltung die Möglichkeit geprüft, eine Skulptur zu Ehren Berblingers zu errichten.

 

FDP-Fraktionsmitglied Ralf Milde: Uns freut es, dass sich die Mehrheit des Ausschusses für ein würdiges Andenken von Berblinger entschieden hat.“

 

 




Public Viewing WM 2018

Der Hauptausschuss des Ulmer Gemeinderates hat beschlossen, der Ulmer City Marketing e.V. auf dem Münsterplatz eine Public-Viewing-Veranstaltung zur WM 2018 zu gestatten. Übertragen werden sollen alle Spiele mit deutscher Beteiligung, das Finale, das Spiel um Platz 3 und eventuell die Halbfinalpartien. Das Sicherheitskonzept wird dabei wie in den vorangegangenen Europa- und Weltmeisterschaften mit der Polizei und der Feuerwehr abgesprochen. Geplant ist außerdem eine Sicherheitsgebühr zur Deckung der Kosten.

Die FDP-Fraktion hat diesem Antrag gerne zugestimmt und freut sich, dass Fußballfans eine derartige Veranstaltung auf dem Münsterplatz angeboten wird.




Update zum Orange Campus

Vor Kurzem hatte der BBU ’01 verkündet, dass man von den drei Volks- und Raiffeisenbanken Langenau-Ulmer Alb, Laup­heim-Illertal und Neu-Ulm eine Zusage für ein Darlehen in Höhe von 9 Millionen Euro erhalten habe. Infolgedessen wurden neue Unterlagen eingereicht und der Ulmer Gemeinderat wird sich wie immer wieder seit Ende September, als die Entscheidung über den Orange Campus vertagt wurde, weiter intensiv mit dem Thema befassen.

Dazu der Fraktionsvorsitzende der FDP, Erik Wischmann:

„Die FDP-Fraktion freut sich, wenn das Projekt Orange Campus alle noch bestehenden Hürden überwinden und realisiert werden kann. Allerdings obliegt es dem Gemeinderat und seinen zuständigen Gremien, die Feststellung zu treffen, ob die gesetzten Bedingungen vollumfänglich erfüllt worden sind und die gewünschten Zuschüsse und Darlehen gewährt werden können. Die hierzu neu vorgelegten Unterlagen werden wir in den nächsten Tagen gründlich prüfen und zusammen mit den anderen Fraktionen erörtern. Die Erfahrung hat gezeigt, dass man vorschnelle Bewertungen in diesem Zusammenhang besser unterlassen sollte. Auf keinen Fall wird sich die FDP-Fraktion unter Druck setzen lassen, egal von welcher Seite.“




Rede von Erik Wischmann zur Verabschiedung des Haushalts 2018

Rede zur Verabschiedung des Haushaltsplans 2018 und der Finanzplanung 2017-2021 Erik Wischmann, FDP-Fraktion Ulm, 13.12.2017

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Herren Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Herr Bendel, Sie sind ein richtiger Spielverderber. Da haben sich Ihre Kollegen in den Fachbereichen zusammen mit dem Ulmer Gemeinderat in den letzten Wochen so bemüht, durch zusätzliche Ausgaben von über 5 Mio. Euro doch noch ein negatives Ergebnis für den Haushaltsplan 2018 zu erreichen und was machen Sie? Stellen einfach eine neue Steuerschätzung vor, die genau diese Mehrausgaben kompensiert, so dass wir doch wieder im Plus landen. Nun können wir ja gar nicht anders, als diesem eindrucksvollen und vor Kraft nur so strotzendem Zahlenwerk zuzustimmen.

Wir hatten uns doch schon so auf wilde Debatten um die besten Sparvorschläge gefreut und die Kreativität der lieben Kollegen hier am Ratstisch bei der Begründung, warum bestimmte Ausgaben keinesfalls gekürzt werden dürften. Aber nein, alles was wir beschlossen haben, kann im nächsten Jahr ohne neue Schulden finanziert werden, da die Steuereinnahmen sowohl bei der Gewerbesteuer als auch bei der Einkommensteuer ungeahnte Höhen erreichen sollen.

Dabei hat der Gemeinderat doch wirklich alles versucht. Wir haben Baumaßnahmen ohne Ende geplant und uns redlich bemüht, die Kunden vom Einkaufen in Ulm durch Baustellen abzuhalten und was macht die Ulmer Wirtschaft? Beschert uns Jahr für Jahr immer bessere Steuereinnahmen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll in Ulm ja laut Aussagen von Elternvertretern furchtbar schlecht sein und was machen die Ulmer? Setzen immer mehr Kinder in die Welt. In Ulm sollen furchtbare Zustände herrschen, alles ist verdreckt und heruntergekommen und was passiert? Immer mehr Menschen wollen nach Ulm ziehen. Das Bildungsniveau ist angeblich im freien Fall und was meldet die Arbeitsagentur? Beschäftigung auf Rekordniveau und nahezu Vollbeschäftigung in der Stadt. Also alles Bestens, auf zur Weihnachtsfeier und mit Champagner auf das neue Jahr anstoßen!

Jetzt könnte man ja von mir die gewohnte Fortsetzung meiner Rede erwarten, dass es angesichts der längerfristigen Prognosen dennoch so nicht weitergehen darf und wir trotz der aktuell glänzenden Zahlen sparen und maßhalten müssen. Und in der Tat, diese Rede habe ich geschrieben und war schon vorbereitet, sie heute zu halten.

Aber dann haben wir in der FDP-Fraktion erkannt, dass wir uns eigentlich ganz entspannt zurücklehnen können. Da mag der Gemeinderat noch so große Investitionen fordern und in den Haushalt reinschreiben lassen – die letzten Jahre haben gezeigt, dass es eine natürlich Grenze für das pro Jahr realisierbare Investitionsvolumen gibt.

Die Bauwirtschaft und das Handwerk in Ulm und Umgebung können gar nicht mehr umsetzen, unsere Bauverwaltung ist ebenso am Anschlag und die Baustellenlogistik stößt jetzt schon an ihre Grenzen. Auch gelingt es uns kaum noch, all die neuen Stellen, die wir schaffen wollen, zu besetzen, so dass auch dem Personalanstieg natürliche Grenzen gesetzt zu scheinen. Und der Ausbau der Kinderbetreuung geht auch nur in dem Maße voran, wie wir neue Räume bauen und Personal gewinnen können.

So setzt die normative Kraft des Faktischen allzu großen Höhenflügen bei der Investitionswut im Ulmer Gemeinderat hoffentlich ganz automatisch Grenzen. Und das gibt uns allen doch ein nie gekanntes Gefühl der Freiheit. Wir können reinen Herzens den Ulmerinnen und Ulmern sagen: Wir würden ja gerne noch mehr machen, das Geld wäre auch da, sogar neue Schulden schrecken uns nicht, aber leider scheitern wir an natürlichen Grenzen der Umsetzbarkeit. Was für eine Freude, erlaubt es uns das doch, zu sparen, ohne große Anstrengungen zu unternehmen.

Es sind bereits so viele Bauprojekte auf dem Weg, dass wir für die nächsten 10 Jahre nahezu ausgebucht sind. Man könnte fast sagen: „Der Reichtum verdammt uns zum Sparen.“

Und jetzt können wir dieses „Sparen“ – oder vielleicht richtiger gesagt „Konsolidieren“ – aus einer Position der Stärke heraus ganz gelassen angehen. Da wir ja gar nicht noch mehr realisieren können, gönnen wir uns doch den Luxus, einfach mal nichts Neues zu beschließen. Ganz entspannt zurücklehnen, die Dinge laufen lassen und stattdessen mal die Zeit nutzen, um längerfristig zu denken und neue Konzepte für die Stadt zu entwickeln. Die Bundesregierung hat es uns in den letzten Jahren ja gezeigt, wie wirkungsvoll Nichtstun für die wirtschaftliche Entwicklung sein kann. Insofern sollten wir der FDP in Berlin dankbar sein, denn mit dem Jamaika-Aus geht dieses Nichtstun in die Verlängerung.

Nur mit dem Planen und Fitmachen für die Zukunft hat es die Bundesregierung in den letzten vier Jahren leider nicht so gehabt. Also sollten wir es hier in Ulm anders machen und diese neue Freiheit jetzt nutzen, um einmal von der Hektik der Anträge auf neue Baumaßnahmen und vorgezogene Sanierungen zurückzutreten und uns ganz entspannt zu fragen: Wie soll es in Ulm eigentlich weitergehen, wenn das große Pensum abgearbeitet ist? Um dann, wenn der Baulärm verflogen ist, die Bauzäune abgeräumt sind und die Stadt im neuen Glanz erstrahlt, wirklich bereit für die Zukunft zu sein.

Und solche Konzepte entstehen nicht über Nacht und nicht durch eine Flut von Anträgen sondern durch sorgfältige Analyse und Diskussion über die richtigen Schritte. Es gibt dafür ja gute Beispiele in Ulm. So ist die Initiative Ulm – Internationale Stadt zum Beispiel ein richtiger Baustein, um sich den Realitäten einer immer bunteren Zusammensetzung der Stadtgesellschaft zu stellen. Und diese Initiative ist lange vor der Flüchtlingskrise entwickelt worden, eben nicht aus der akuten Not heraus sondern weil wir uns rechtzeitig mit der Zukunft beschäftigt haben.

Aber es gibt da noch viele Baustellen, die bislang nur zaghaft angegangen wurden. Trotz der erfreulichen Geburtenzahlen wird der demografische Wandel zu einer deutlichen Zunahme älterer Menschen führen, die ganz andere Ansprüche an eine Stadt haben und gleichzeitig auch andere Möglichkeiten der Beteiligung haben. Das Potential und die Erfahrung vieler rüstiger und fähiger Menschen, die bereits aus dem regulären Berufsleben ausgeschieden sind, könnte für ehrenamtliche Aufgaben noch viel stärker genutzt werden.

Doch auch junge Familien werden in Ulm gebraucht. Es sollte uns eine Warnung sein, wenn immer mehr junge, gutverdienende Paare, die eine Familie gründen wollen, aus Ulm wegziehen, weil sich ihr Wunsch nach einem Eigenheim mit etwas Garten in Ulm nicht realisieren lässt. Bei allem Verständnis für Nachverdichtung und dem Vorrang von Geschosswohnungsbau, eine Monobaukultur kann Ulm nicht guttun. Die richtige Mischung macht’s.

Auch in der Kultur ist mir der Plan, überall mehr auszugeben, sei es beim Theater oder beim Museum, viel zu kurz gegriffen. Wir sollten uns eher fragen, was bedeutet Kultur für die Menschen in Ulm, wo geht die Reise hin. Auch da spielen Digitalisierung und Globalisierung eine immer größere Rolle. Hier könnte man ganz neue Ansätze für eine zukunftsweisende Kulturpolitik in Ulm entwickeln, die weniger mit Geld als mit Kreativität zu tun haben.

Ob die ganze Förderwut bei den Sportprojekten – man kann hier ja schon von „Sportmania“ im Gemeinderat sprechen – wirklich sinnvoll ist und zu überglücklichen und dankbaren Vereinen führt, wage ich auch zu bezweifeln. Die Anträge für noch mehr Förderung sind bestimmt schon geschrieben, die Ansprüche steigen mit jedem geförderten Projekt nach dem Motto, so was wollen wir dann aber auch bekommen.

Und in der Sozialpolitik kann die Devise doch nicht heißen, nur immer mehr Beratungsangebote und noch mehr niedrigschwellige, inklusive, maßgeschneiderte und sozialraumorientierte Leistungen anzubieten oder entsprechende Projekte zu fördern. Wir geben hier immer mehr Geld aus, doch der tatsächliche Nutzen bleibt nebulös. Die Mantra-artig vorgetragenen Argumente, diese Ausgaben würden uns spätere Kosten in der Sozialbetreuung ersparen, überzeugen nicht mehr und entziehen sich jeder Nachprüfbarkeit.

Statt uns von den Heerscharen von Sozialverbänden und karitativen Einrichtungen immer neue Ideen für noch mehr Projekte und Einrichtungen aufschwatzen zu lassen, sollten wir uns den tatsächlich betroffenen Menschen zuwenden und sie fragen, was denn wirklich sinnvolle Hilfe wäre und wo es hakt. Und ein bisschen mehr Vertrauen in die Kraft und Fähigkeit jedes Einzelnen und der Respekt vor seiner individuellen Freiheit, wie er sein Leben gestalten möchte, täte auch ganz gut. Wenn jemand eine Vergünstigung nicht in Anspruch nehmen möchte, sollten wir nicht mit allen Mitteln versuchen, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Das hat dann nämlich auch etwas mit Würde und Selbstbestimmtheit zu tun.

Und das bringt mich auch zum Schluss meiner Rede, nämlich den dringenden Appell, sich wieder mehr mit der Frage zu beschäftigen, was Ulm in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wirklich braucht. Wie wir es schaffen, den erarbeiteten Wohlstand zu erhalten und alle daran teilhaben zu lassen. Welche Unterstützung die Wirtschaft bei den Chancen und Risiken der Digitalisierung und dem Strukturwandel in der Energie- und Automobilwirtschaft braucht. Wie sich die Menschen in Ulm wohl und glücklich fühlen und der Zusammenhalt der Gesellschaft gestärkt wird.

Die bisherigen Ansätze müssen wir überdenken, denn ich kann leider nicht feststellen, dass unsere ganzen Maßnahmen der letzten Jahre die Zufriedenheit der Menschen spürbar gesteigert haben.

Also, um einen bekannten und gern kopierten Wahlkampfspruch zu zitieren: „Denken wir neu!“.

Zum Schluss möchten wir uns auch dieses Jahr bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Arbeit bedanken, die jeden Tag mit Tatkraft und Engagement versuchen, den vielfältigen Ansprüchen der Bürgerinnen und Bürger und des Gemeinderates gerecht zu werden.

Ihnen allen wünschen wir jetzt erholsame und fröhliche Festtage und dass das Jahr 2018 unseren hohen Erwartungen gerecht wird.

Vielen Dank!