Rede von Erik Wischmann zur Verabschiedung des Haushaltsplans 2014 und der Finanzplanung 2013-2017

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

erneut verabschieden wir einen Haushaltsplan, der geprägt ist von hohen Steuereinnahmen und ein neues Rekordvolumen hat. Wir geben mehr aus als jemals zuvor – mehr für Kultur, mehr für Sport, mehr für Soziales und mehr für Investitionen. Auch die Personalkosten sind auf dem höchsten Stand. Und wir können es uns zurzeit leisten, denn die verfügbaren Finanzmittel sind so groß, dass wir trotz Rekordausgaben erneut unsere Schulden etwas reduzieren können.

Es sind in der Tat goldene Zeiten für unsere Stadt.

Und doch ist die Freude getrübt, denn es zeichnen sich schon jetzt neue Belastungen ab, die schnell wieder zu einem Anstieg der Schulden führen werden. Zum einen haben wir bereits ein so gigantisches Investitionsprogramm beschlossen, dass auch ohne neue Vorhaben die Sparbücher zur Reduzierung der Neuverschuldung in wenigen Jahren aufgebraucht und neue Kredite notwendig sein werden.

Zum anderen drohen weitere Belastungen, zum Beispiel bei den Stadtwerken. Denn ungeachtet aller schönen Versprechungen aus Berlin ist ja noch keinesfalls ausgemacht, wie rentabel die Kraftwerksbeteiligungen der SWU in der Zukunft sein können. Und die Zukunft des ÖPNV in Ulm und der Region ist auch noch mit erheblichen Risiken verbunden.

Nicht vergessen darf man, dass die vorgelegte Finanzplanung auf einem Fortbestand der hohen Einnahmen durch Gewerbesteuer und Einkommensteuer fußt. Dies ist zwar in Anbetracht der sehr robusten Wirtschaft in unserer Stadt nachvollziehbar, doch ohne Risiko ist das natürlich nicht.

Ich darf an das erste Amtsjahr des gegenwärtigen Gemeinderats erinnern. Wie überall in Deutschland brach die Wirtschaftskraft aufgrund einer globalen Finanzkrise massiv ein und Ulm musste mit deutlich reduzierten Einnahmen rechnen. Die damalige Finanzplanung sah einen möglichen Anstieg der Schulden auf fast 200 Millionen Euro voraus. Zum Glück hat sich Ulm schneller als von allen erwartet erholt und wir konnten die Schulden auf dem Niveau von 2009 halten.

Bei der Vorstellung der aktuellen Finanzplanung wurde es jedoch als durchaus realistisch dargestellt, dass unsere Schulden in 2018 auf dann sogar 230 Millionen Euro steigen, allerdings nicht aufgrund nachlassender Einnahmen sondern aufgrund steigender Ausgaben, insbesondere zur Umsetzung der umfangreichen Investitionsprojekte und zur Abdeckung drohender Verluste bei den Stadtwerken.

Auch wenn manche meinen, dies sei ja nur das „worst case“ Szenario und es werde in Wirklichkeit gar nicht so schlimm werden – ich kann da nur warnen. Die meisten Ausgaben sind bereits beschlossen und der zukünftige Gemeinderat wird auch seine eigenen „Duftmarken“ setzen wollen, was sicherlich mit weiteren Investitionen und Folgekosten verbunden ist.

Ob allerdings die Einnahmen wie geplant auf dem jetzigen hohen Niveau bleiben werden, das ist keinesfalls sicher. So schnell wie sich die Lage in Ulm nach 2009 zum Besseren gewandelt hat, kann es auch wieder in die andere Richtung gehen. Und dann summieren sich große Ausgaben und kleine Einnahmen zu Schulden in noch viel größeren Dimensionen.

Hier empfiehlt es sich, einen Rat des chinesischen Philosophen Konfuzius zu beherzigen: „Wenn sich Wohlstand einstellt, brauche ihn nicht vollständig auf.“

Dass es uns bei Einnahmen auf Rekordniveau nicht gelingt, unsere Schulden in viel größerem Maß abzubauen, sollte uns zu Denken geben. Selbst bei allerbester Konjunkturlage schaffen wir nur einen Überschuss im Ergebnishaushalt von 9 Mio. Euro. Dabei sollte unser Haushalt so ausgelegt sein, dass wir auch in schlechteren Zeiten – von wirklichen Krisenjahren mal abgesehen – ohne die Aufnahme von Krediten wenigstens einen ausgeglichenen Haushalt erzielen. Das wird so aber nicht zu schaffen sein.

Bei den Beratungen zum Haushalt gab es eine Diskussion, ob angesichts der guten Wirtschaftslage die Sozialausgaben nicht sinken müssten. Frau Bürgermeisterin Mann wandte ein, dass man aufgrund des demografischen Wandels auch bei niedriger Arbeitslosigkeit mit steigenden Kosten zu rechnen habe. Dies leuchtet erst einmal ein. Aber erlauben Sie mir, diesen Gedanken zu Ende zu führen. Gerade weil wir in Zukunft immer weniger Menschen haben, die mit Ihrer Arbeit für immer mehr Menschen Transferleistungen erwirtschaften müssen, ist es unabdingbar, die Kosten zu senken. Bereits jetzt ist die Belastung der Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen durch Steuern und Abgaben an der Grenze des Vertretbaren.

Angesichts dieser Entwicklungen kann man nur den Kopf schütteln über die in Berlin getroffenen Beschlüsse zur abschlagsfreien Rente mit 63 und zusätzlicher staatlicher Wohltaten.

Und auch hier am Ratstisch erliegen einige regelmäßig der Versuchung, weitere Ausgaben zur Beglückung der Ulmer zu fordern. Meist fällt dann der Satz „Hier müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen.“ Und die Bürger freut’s, unterliegen sie doch immer wieder der Fiskal-Illusion, d.h. sie erwarten zusätzliche staatliche Leistungen und vergessen, dass sie diese durch Steuern und Gebühren selber finanzieren müssen.

Doch nicht nur die finanziellen Aussichten stimmen mich nachdenklich.

Der kommunale Haushalt ist im Grunde die in Zahlen dargestellte Umsetzung eines Vertrages: der Übereinkunft aller Bürger, zum gegenseitigen Wohl eine Gemeinschaft zu bilden, in der wichtige Aufgaben gemeinschaftlich erledigt und die Lasten gerecht auf die starken und schwachen Schulten verteilt werden. Dem zugrunde liegt die Voraussetzung, dass alle, die in dieser Stadt leben, auch am Gemeinwohl interessiert sind.

Leider verabschieden sich immer mehr Menschen aus dieser Gemeinschaft. Ihr Interesse an städtischen Vorhaben erwächst oft erst dann, wenn eigene Interessen unmittelbar betroffen sind. Und dies gilt für alle Bereiche der Bevölkerung – von den sogenannten Eliten, die sich aufs Private zurückziehen und den Staat nur als lästigen Steuereintreiber wahrnehmen, bis hin zu denjenigen, die ihre Hauptenergie auf das Fordern nach immer mehr staatlichen Leistungen verwenden.

Ganz zu schweigen von den ideologischen Eiferern,  die sich jeden Tag neue Vorschläge zum Schutz besonderer Bereiche ausdenken. Der selbsternannte Schutzheilige ist jedoch in Wahrheit oft ein Scheinheiliger, der unter dem Deckmantel vorgeblicher allgemeiner Interessen nur seinen eigenen Vorteil versteckt.

Wo ist denn die echte Bürgerbeteiligung, der offene Diskurs über die Zukunft unserer Stadt? Die paar Menschen, die sich in Internetforen oder per Brief an die Lokalzeitung oder den Gemeinderat zu Wort melden, ist das etwa die allgemeine Öffentlichkeit?

Wenn es um echte Mitarbeit zum Wohle der Stadt geht, bleiben die meisten Menschen in Ulm leider stumm. Hier gibt es noch viel zu tun, um Engagement auch über die Wahrung von Individualinteressen hinaus zu fördern. Die nächstes Jahr anstehenden Gemeinderatswahlen bieten die Chance, mehr Bürger für eine aktive Beteiligung zu gewinnen. Nicht nur als Kandidat auf einer der Listen, sondern auch zur Teilnahme an Diskussionen zu Wahlprogrammen und zukünftigen Entwicklungen in Ulm. Demokratie lebt vom Mitmachen.

Und Themen – auch jenseits von strittigen Bauvorhaben – gibt es ja genug:

  • Wie gestalten wir die Inklusion von Menschen mit Behinderung, z.B. an den Schulen?
  • Wo setzen wir Schwerpunkte in der Kulturförderung?
  • Wie können wir Ulm als Internationale Stadt auch außerhalb der Verwaltung weiter entwickeln?
  • Wie gestalten wir Mobilität und wie lösen wir die vorhanden Probleme im Verkehr, zum Beispiel beim Neubau der Adenauer-Brücke, dem Bauprojekt mit dem wohl größten Konfliktpotential in der Zukunft. Hier begrüßen wir ausdrücklich, dass dieses Thema durch die Planungen des Staatlichen Hochbauamtes in Krumbach frühzeitig ins öffentliche Bewusstsein gerückt wurde.

Diese Themen werden voraussichtlich die Arbeit des nächsten Gemeinderates prägen. Wünschen wir daher dem neuen Rat und unserer Stadt, von Krisen verschont zu bleiben und die von uns auf den Weg gebrachten Investitionen ohne all zu große finanzielle Belastungen umsetzen zu können. Möge aus den goldenen Jahren für Ulm ein goldenes Jahrzehnt werden.

In diesem Sinne bedanken wir uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Arbeit und die stets vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit. Sie können zu Recht stolz auf sich sein. Auch den Damen und Herren hier am Ratstisch gilt unser Dank für die gemeinsame Arbeit, die im Wesentlichen von Kollegialität und gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, eint uns doch das gemeinsame Ringen um die bestmöglichen Entscheidungen zum Wohle der Stadt.

Ihnen Allen wünschen wir von der FDP-Fraktion nun frohe Festtage und einen guten Start in das neue Jahr.