Haushaltsrede 2012 von Dr. Bruno Waidmann, gehalten am 16.11.2011

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Am 1. Januar 2009 wurde das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) in Baden Württemberg eingeführt und auf das kommunale Rechnungswesen vom Geldverbrauchskonzept (Kameralistik) auf das Ressourcenverbrauchskonzept (Doppik) umgestellt.

Das bedeutet, dass in künftigen Haushaltsplänen die Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns verbessert und transparenter dargestellt und die tatsächliche finanzielle Situation einer Kommune besser beurteilt werden kann. Bei einigen Regelungen, wie z. B. den unterschiedlich langen Zeiträumen für Abschreibungen in oft vergleichbaren Objekten, gibt es wahrscheinlich noch Klärungsbedarf.

Wir werden uns noch eine Zeitlang einbilden – wie damals bei der Einführung des Euro, als wir noch jahrelang auf DM umgerechnet haben -, dass wir nach den Maßstäben der Kameralistik besser dastehen würden. Allerdings wird uns diese Ausrede in Zukunft niemand mehr abnehmen, besonders wenn im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses 2010 im März nächsten Jahres die Eröffnungsbilanz der Stadt Ulm dem Gemeinderat vorgestellt wird.

Die kommunalen Einnahmen sind in den letzten Jahren auch dank kräftig sprudelnder Gewerbesteuern erfreulich gestiegen, ob dies so bleiben wird, darauf können wir uns nicht verlassen, besonders dann nicht , wenn die Konjunktur sich eintrüben sollte. Dass die Gemeindefinanzkommission gescheitert ist und damit die Chance vertan wurde, die konjunkturabhängige Gewerbesteuer durch eine verlässlichere Finanzierung zu ersetzen, ist aus meiner Sicht bedauerlich. Eine Erweiterung der Gewerbesteuer wurde zum Glück nicht durchgesetzt.

Der Haushaltsplanentwurf 2012 geht davon aus, dass der Haushaltsausgleich erwirtschaftet wird und ein Überschuss von ca. 3,4 Mio. € erwartet werden kann. Die voraussichtlichen Investitionen werden auf beachtliche 61 Mio. € veranschlagt. 131 Mio. € Schulden sind zwar immer noch zu viel, können aber angesichts des Vermögens der Stadt relativ gesehen werden.

Es gibt einen Beschluss des Gemeinderates, alle zukünftigen Gewerbesteuereinnahmen für die Schuldentilgung zu verwenden. Im Finanzzwischenbericht für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2011, der das Datum vom 26.7.2011 trägt, wurde dies ausdrücklich sogar für alle Steuereinnahmen bestätigt. Der Finanzbürgermeister hat uns aber in der Zwischenzeit davon überzeugt, dass man auch einmal davon abweichen kann, wenn wie in der gegenwärtigen Finanzlage günstige Kredite nicht zurückgeführt, sondern stattdessen Rücklagen gebildet werden für künftige Großinvestitionen wie z. B. die Erweiterung der Straßenbahn.

Der Gemeinderat hat sich vorgenommen, im Bildungsbereich, d.h. besonders auch bei der Kinderbetreuung, bei der der Zuschuss auf 20,2 Mio. € steigen wird, und in den Schulen (Stichwort: Ganztagschulen), weitere finanzielle Anstrengungen zu unternehmen. Dabei erwarten wir natürlich die Realisierung der Zusage der Landesregierung, die Kommunen nachhaltig zu unterstützen. Der Bund ist schon mit gutem Beispiel vorangegangen, indem er bei der Sozial- und Jugendhilfe eine spürbare Entlastung bringt.

Auch das Wachstums- und Impulsprogramm wird als dauerhaftes Sanierungsprogramm mit einem Volumen von 6,4 Mio. € weitergeführt, wobei davon 1 Mio. € für energetische Gebäudesanierung vorgesehen werden.

Unsicher sind noch die zusätzlichen Personalkosten, bei denen z.Zt. von einer Steigerung von 2% ausgegangen wird, und die Entwicklung der Sozialausgaben, bedingt durch höhere Fallzahlen im Bereich der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege.

Ich möchte jetzt nicht weiter ins Detail gehen. Wir werden sicher bei den Haushaltsberatungen die eine oder andere Position z. B. die einmaligen oder befristeten Sonderfaktoren noch unter die Lupe nehmen.

Alles, was wir in Zukunft beschließen, muss sich an den „10 Ulmer Geboten“, wie sie unser Kollege Walter Grees genannt hat, orientieren. Dabei müssen wir immer berücksichtigen, dass Prognosen alles andere als verlässlich sind. Ich erinnere an die Finanz- und Wirtschaftskrise oder an die Zuwanderung, die vielleicht den demografischen Wandel günstig beeinflussen könnte, was natürlich sehr erfreulich wäre.

All unser Planen nützt uns nichts, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich deutlich verschlechtern oder die Zuweisungen vom Land oder vom Bund gekürzt werden.

Einiges haben wir selbst in der Hand, wenn wir weiterhin mit unseren Finanzmitteln verantwortungsbewusst umgehen und unsere Stadt für Zuzug und neue Arbeitsplätze attraktiv machen. Dazu gehört auch, dass wir uns gerade als Ulmer vorbehaltlos für das Jahrhundertprojekt „ Stuttgart 21“ und die Schnellbahnstrecke Wendlingen- Ulm einsetzen. Sollte dieses Projekt scheitern, können wir viele Zukunftsträume vergessen:

Bevölkerungswachstum durch Zuzug, Industrie- und Gewerbeansiedlung, Erweiterung der Wissenschaftsstadt, Vergrößerung der Universität und nicht zuletzt den Citybahnhof, weil die Bahn in Zukunft sicher kein Geld in einen von der Magistrale Paris-Budapest abgehängten Provinz-Bahnhof stecken wird. Dann hätten „Die Grünen“ das erreicht, was ihnen zum Glück bei der Ulmer Wissenschaftsstadt nicht gelungen ist, nämlich Ulm und der ganzen Region die Zukunft zu verbauen.

Ihnen, Herr Bürgermeister Czisch und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danke ich, auch im Namen meiner Fraktion für die Vorlage der Entwürfe des Haushaltsplans 2012 und der Mittelfristigen Finanzplanung 2011 bis 2015.

 

Dr. Bruno Waidmann

Vorsitzender der FDP-Fraktion im Ulmer Gemeinderat